Schon kurze Antibiotika-Einnahme schädigt Darm und Mitochondrien
Antibiotikamissbrauch ist ein globales Gesundheitsproblem. Laut der US-amerikanischen Seuchenschutzbehörde (CDC) werden jährlich 2,8 Millionen Fälle antibiotikaresistenter Infektionen diagnostiziert, und 35.000 Menschen sterben daran.
Doch wie genau entkommen Bakterien eigentlich den Antibiotika? Bakterien sind zähe Mikroorganismen, die sich auf verschiedene Arten anpassen können:
Intrinsische Resistenz – Durch evolutionäre Veränderungen in der Struktur oder den Komponenten entsteht natürliche Widerstandskraft.
Erworbene Resistenz – Durch genetische Mutationen oder das „Ausleihen“ resistenter DNA von anderen Bakterien entsteht Resistenz.
Genetische Veränderungen – Bakterien verändern die Proteinsynthese so, dass die von Antibiotika angegriffenen Komponenten nicht mehr erkannt werden.
DNA-Transfer – Bakterien kommunizieren miteinander und übertragen widerstandsfähige DNA durch Gentransfer.
Antibiotika gehören zu den schädlichsten Substanzen für Ihre Gesundheit.
Neue Studien zeigen: Selbst kurze Anwendungen führen zu dauerhaften Veränderungen im Darmmikrobiom, wodurch die Erholung erschwert wird.
Kurzzeitiger Antibiotikaeinsatz löst langanhaltende Resistenz im Darm aus
In einer im Fachmagazin Nature veröffentlichten Studie untersuchten Forscher, ob schon kurzfristiger Antibiotikaeinsatz resistente Stämme hervorruft und ob diese Veränderungen langfristige Folgen haben.
Antibiotika erzeugen sofort resistente Stämme: 60 gesunde Erwachsene erhielten 500 mg Ciprofloxacin – zweimal täglich für fünf Tage. Stuhlproben wurden über 20 Wochen analysiert. Ergebnis: Bereits nach wenigen Tagen entwickelten vorher anfällige Bakterien Resistenzen gegen das Antibiotikum. Etwa 10 % der Darmbakterien entwickelten schnell Resistenzen durch Mutationen im Gen gyrA, das die DNA-Gyrase beeinflusst und Ciprofloxacin damit unwirksam macht.
Die Rolle von gyrA: Von 2,3 Millionen genetischen Varianten zeigten 513 drastische Veränderungen im gyrA-Gen. Laut Medical Xpress hielten diese Resistenzen länger als 10 Wochen an und könnten bis zu ein Jahr nachweisbar bleiben.
Resistente Bakterien zeigen kaum funktionelle Einbußen: Üblicherweise beeinträchtigen Resistenzen die Überlebensfähigkeit von Bakterien. Doch in diesem Fall war das nicht so – die mutierten Bakterien blieben leistungsfähig.
Resistente Stämme vermehren sich schnell: Verschiedene Bakterienarten entwickelten unabhängig voneinander dieselbe gyrA-Mutation. Dies zeigt, wie schnell sich Bakterien anpassen können.
Nützliche Stämme verschwinden: Je größer die Ausgangspopulation eines Stammes war, desto dramatischer fiel der Rückgang aus – und desto stärker verbreiteten sich danach resistente Stämme.
Resistenz bleibt erhalten: Auch nach Absetzen der Antibiotika bleibt die Resistenz erhalten und kann auf neue Bakterien übertragen werden:
Fazit: Bereits kurzfristiger Antibiotikaeinsatz fördert resistente Bakterien und stört die mikrobielle Balance im Darm langfristig.
Der Antibiotikakonsum der Bevölkerung eines Landes beeinflusst die kollektive Darmgesundheit
Eine weitere Studie in Nature Communications untersuchte den Zusammenhang zwischen nationalem Antibiotikaverbrauch und der Häufigkeit von Antibiotikaresistenzgenen (ARGs) im Darm von Menschen die keine Antibiotika nahmen:
Länder mit hohem Antibiotikaverbrauch haben Antibiotika resistentere Mikrobiome: In Ländern wie Spanien, Italien und Griechenland wiesen Menschen signifikant mehr Antibiotika resistente Gene (ARG) auf als in Ländern mit niedrigem Verbrauch, etwa den Niederlanden oder Dänemark.
ARGs bleiben über Jahre bestehen: Selbst wenn der Antibiotikaverbrauch sinkt, bleiben Resistenzgene in der Bevölkerung für Jahre oder Jahrzehnte erhalten.
Reisen erhöht die Resistenzbelastung: Besucher aus Ländern mit geringer Resistenz nehmen ARGs bei Reisen in Länder mit hoher Resistenz auf – und bringen sie mit nach Hause.
Antibiotika begünstigen resistente Stämme: Der Einsatz von Antibiotika fördert resistente Bakterien, indem er deren Konkurrenz verringert. „Der Selektionsdruck betrifft das gesamte Mikrobiom“, so die Forscher.
Antibiotikaarme Bevölkerungen haben vielfältigere Mikrobiome: Die Studie zeigte eine bis zu fünffach höhere ARG-Belastung in Ländern mit hohen Antibiotikaeinsatz.
Antibiotikagabe in der Kindheit verändert die Darmgesundheit langfristig
In einer in der Zeitschrift Microbiome veröffentlichten Studie wurde untersucht, wie sich die Einnahme von Antibiotika in der Kindheit langfristig auf die Darmbakterien auswirkt. Konkret wollten Forscher aus China genau verstehen, wie Antibiotika, die in der Kindheit verabreicht wurden, die mikrobiellen Netzwerke im Darm dauerhaft stören und die allgemeine Gesundheit und den Stoffwechsel bis ins Erwachsenenalter beeinflussen können.
Für die Studie wurde ein Tiermodell verwendet, das einen klaren Rahmen für die Beobachtung langfristiger Auswirkungen bietet. Die Versuchspersonen erhielten im Alter von vier Wochen an acht aufeinanderfolgenden Tagen Ceftriaxon – ein häufig verschriebenes Antibiotikum für Kinder. Anschließend beobachteten die Forscher ihre Darmbakterien und ihren Stoffwechsel 14 Monate lang genau, eine Zeitspanne, die beim Menschen dem frühen Erwachsenenalter entspricht.
Selbst eine kurze Antibiotikagabe in jungen Jahren führte zu einer erheblichen Verringerung der Bakterienvielfalt, die sich zudem nie wieder vollständig erholte. Einfacher ausgedrückt: Ihr Darmmikrobiom verlor dauerhaft viele wichtige Bakterienarten, wurde weniger robust und weniger wirksam bei der Unterstützung einer gesunden Verdauung und Immunsystemfunktion.
Strukturelle Störungen im Mikrobiom: Normalerweise besteht ein gesunder Darm aus vielen verschiedenen Bakterien, die wie ein dichtes, stabiles Netz zusammenwirken. Nach der Einnahme von Antibiotika fanden die Forscher jedoch weniger Verbindungen zwischen den Bakterienarten, was bedeutet, dass die mikrobielle Gemeinschaft fragmentiert und brüchig wurde. Dies machte das Mikrobiom anfälliger für zukünftige Störungen.
Langfristige Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter: Die einmalige Antibiotikagabe hinterließ bleibende Schäden.
Schlüsselbakterien wurden ausgelöscht: In der Studie wurde hervorgehoben, wie eine frühe Antibiotikabehandlung speziell „Schlüssel-Bakterien“ abtötet. In diesem Fall handelt es sich um Bakterien, die zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts und der Stabilität innerhalb des mikrobiellen Gemeinschaft beitragen. Als Antibiotika diese wichtigen Akteure auslöschten, geriet das gesamte bakterielle Ökosystem aus den Fugen und konnte sich nie wieder vollständig erholen:
„Die Anzahl an Schlüsselbakterien in den Monaten 1–7 war deutlich geringer als in der Kontrollgruppe.“
Antibiotika schädigen nicht nur den Darm – sie greifen auch die Mitochondrien an
Neben der dauerhaften Veränderung des Darmmikrobioms zeigen neue Forschungsergebnisse, dass Antibiotika auch die Funktion unserer Mitochondrien erheblich beeinträchtigen können. Mitochondrien sind die „Kraftwerke“ unserer Zellen – sie produzieren den Großteil der Energie (in Form von ATP), die unser Körper zum Überleben und Funktionieren benötigt. Da Mitochondrien evolutionär von Bakterien abstammen, sind sie strukturell diesen sehr ähnlich – und genau das macht sie anfällig für Antibiotika.
Wie Antibiotika Mitochondrien schädigen:
- Hemmung der mitochondrialen Proteinsynthese: Bestimmte Antibiotika – besonders solche der Tetracyclin- und Chinolon-Klasse (z. B. Ciprofloxacin) – blockieren nicht nur bakterielle, sondern auch mitochondriale Ribosomen. Das verhindert die Bildung lebenswichtiger mitochondrialer Proteine.
- Erhöhung von oxidativem Stress: Antibiotika können die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) innerhalb der Mitochondrien steigern. Diese freien Radikale schädigen mitochondriales Erbgut, Proteine und Membranen, was zu Funktionsverlust und Zelltod führen kann.
- Störung der Energieproduktion: Bei geschädigter Funktion produzieren Mitochondrien weniger ATP. Dies äußert sich in chronischer Müdigkeit, Muskelschwäche und einer geringeren Regenerationsfähigkeit.
- Langfristige Zellschäden: Studien zeigen, dass wiederholte Antibiotikaexposition die mitochondriale DNA (mtDNA) schädigen kann – eine Veränderung, die nur schwer reversibel ist und möglicherweise zu chronischen Erkrankungen beiträgt, einschließlich neurodegenerativer Störungen und metabolischer Syndrome.
Besonders gefährlich: Frühzeitige mitochondriale Schädigung in der Kindheit
Wenn Antibiotika bereits im Säuglings- oder Kindesalter gegeben werden, kann die mitochondriale Entwicklung gestört werden – mit möglichen Auswirkungen auf Wachstum, Gehirnreifung und Funktion des Immunsystems.
Wie Sie Ihre Darmgesundheit vor Antibiotikaresistenz schützen
Wenn Sie jemals Antibiotika genommen haben oder in einem Land mit hohem Verbrauch leben, sollten Sie Ihre Darmbakterien besonders schützen:
Vermeiden Sie unnötige Antibiotika-Einnahme: Bei leichten Infektionen kann der Körper sich oft selbst helfen.
Täglich probiotikareiche Lebensmittel essen: Rohes Sauerkraut, Kimchi, Joghurt und Kefir mit lebenden Bakterienkulturen helfen, das Mikrobiom zu stärken.
Linolsäure meiden: Vor allem in Pflanzenölen (Sonnenblumenöl, Margarine, Rapsöl, Maisöl und Sojaöl) Fertigprodukten enthalten – sie schädigt die Darmwand und fördert entzündliche Prozesse. Stattdessen: Talg, Butter, oder Kokosöl verwenden.
Schlüsselbakterien fördern: Essen Sie präbiotikareiche Lebensmittel wie Äpfel mit Schale, Zwiebeln und Spargel, um nützliche Darmbakterien wie Akkermansia zu nähren, oder diese als Nahrungsergänzung zuzuführen.
Antibiotika-Alternative nutzen: Chlordioxid (CDL) ist ein hochwirksames Antibiotikum, welches jedoch selektiv nur krankmachende Bakterien abtötet, ohne Gefahr von Resitenzen und ohne gefährliche Nebenwirkungen. Während es in südamerikanischen Ländern offiziell von Ärzten verwendet wird, ist der Einsatz in den europäischen Ländern den Ärzten auf Grund der mächtigen Pharmalobby verboten. Es kann jedoch frei erworben werden und eigenverantwortlich eingesetzt werden. Hier erfahren Sie mehr über Chlordioxid!
Häufig gestellte Fragen zu Antibiotika und Resistenzen
F: Wie entwickeln Bakterien Resistenzen?
A: Durch intrinsische Resistenz, genetische Mutationen, erworbene Gene und horizontalen Gentransfer – allesamt Strategien, die das Darmmikrobiom nachhaltig stören.
F: Können bereits kurze Antibiotikagaben den Darm dauerhaft verändern?
A: Ja. Bereits fünf Tage Ciprofloxacin-Einnahme reichen aus, um resistente Stämme zu erzeugen, die bis zu ein Jahr im Darm bleiben.
F: Wie beeinflusst der Antibiotikaverbrauch eines Landes die persönliche Gesundheit?
A: In Ländern mit hohem Verbrauch tragen Menschen mehr Resistenzgene – selbst ohne eigene Einnahme.
F: Welche Langzeitfolgen hat Antibiotikagabe im Kindesalter?
A: Eine dauerhafte Reduktion der Diversität, eine fragmentierte Netzwerkstruktur und ein erhöhtes Risiko künftiger Erkrankungen
F: Was kann ich tun, um mein Mikrobiom zu schützen?
A: Antibiotika möglichst vermeiden, probiotische Lebensmittel essen, Linolsäure meiden, Schlüsselbakterien zuführen.
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